b.b.m.
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March 13, 2011
Elektronische Kommunikation, wie sie heute selbstverstaendlich ist, gibt es eigentlich noch gar nicht so lange. Aeltere Leser_innen, zumindest aus den Altbaugebieten der Hauptstadt der DDR, entsinnen sich eventuell noch an diese kleinen Brettchen mit Zettelrolle und Stift, die neben den Wohnungstueren hingen und auf denen eine Nachricht fuer den nichtangetroffenen Wohnungsinhaber hinterlassen werden konnte. Klaus Peters erstes Festnetztelefon gab es Mitte der 90er-Jahre in einer Wohngemeinschaft. Aufgrund des groesstenteils politkriminellen Umfelds gab es feste Regularien fuer die Benutzung. Es wurde von diesem keine andere Wohnungen aus dem Umfeld angerufen, es wurde ueblicherweise nur aus Telefonzellen angerufen. Namen wurden nicht genannt und verfaengliche Informationen auch nicht. Im Grunde diente das Telefon ausschliesslich harmloser Gespraeche, was es ad absurdum fuehrte, da fast alles, was es zu besprechen gab, ganz und gar nicht harmlos war. Jedenfalls nach Meinung der Wohngemeinschaft. Ob es denn wirklich so abhoerrelevant gewesen war, sei mal dahingestellt. Insbesondere die Moeglichkeit Herstellung von Kontaktlisten durch Abgleich mit den Telefonaten wurde penibel vermieden. Auch Telefonkarten fuer die Benutzung oeffentlicher Fernsprecher hatten hier ihre Fallstricke, da die Karte eine eindeutige ID besitzt, die bei jedem Anruf uebermittelt und gespeichert wird. Verschiedene Anrufe mit der selben Karte lassen sich also leicht zusammenfuehren. Es waere nicht ratsam, mit einer Karte mit seinen Verwandten zu telefonieren und danach einen Erpresseranruf zu taetigen. Mit dem Aufkommen der E-Plus wurden die Gebuehren erschwinglich. Vorher war Mobiltelefonieren fast unbezahlbar und ein Handy ein ausgesprochenes Statussymbol. Klaus Peter besass zunaechst das gruene E-Plus der ersten Generation, welches er in einem heute noch existenten Alternativladen in der Schreinerstrasse gefunden hatte. Der Versuch, dafuer eine gueltige Karte zu erlangen, misslang allerdings. Das Nachfolgemodell, dieses huebsche Motorola mit der Riesenklappe, wuerde legal erworben und auch ein gueltiger Vertrag dazu. Auch hier galten wieder die erwaehnten Regeln und das Telefon wurde sehr selten benutzt und nach kurzer Zeit gekuendigt. Klaus Peter, damals indirekter Abonnent der Monatszeitschrift ‘Der Kriminalist’, kam durch einen Artikel ueber Aufklaerung von Verbrechen durch Ueberwachung von Telefonen auf die Idee, Pager zu benutzen. Waehrend der uebliche Cityruf anmeldepflichtig war, gab es ein System namens Telmi, was sich eher an eine Teenager-Zielgruppe zu richten schien und nur formal angemeldet werden musste. Es wurde die Servicenummer angerufen und der Name und die Adresse des vermeintlich Besitzenden ohne weitere Ueberpruefung angesagt. Zu Telmi gehoerte auch kein Vertrag oder eine Monatsgebuehr. War das Geraet aus irgendwelchen Gruenden unbrauchbar geworden, konnte einfach ein neues gekauft werden und der Spass begann bei Null. Ausserdem sind Pager im Gegensatz zu Handys nicht ortbar, da sie fuer eine groessere Zone angemeldet werden und das Signal als Broadcast in dieser Zone bis zum empfangenden Geraet gesendet wird. Telmi funktionierte nun so, dass zu dem Geraet eine Festnetznummer gehoerte, welche angerufen und auf ein Band eine Nachricht gesprochen werden konnte. Diese Nachricht erschien dann als Textnachricht auf dem Pager. So ein Anruf kostete ca. 6 DM und die Qualitaet der Kommunikation war stark abhaengig von Aussprache und Konzentration des Anrufenden. So konnte es passieren, dass Klaus Peter spaet nachts nicht identifizierbare Nachrichten erhielt und zur eben nicht um die Ecke befindliche Telefonzelle wanderte, um den Rueckruf zu taetigen, bei dem sich dann ledigliche die Frage nach seiner Befindlichkeit als Beduerfnis des Anrufenden herausstellte. Fuer einen dauerhaften Einsatz war das System schlichtweg zu teuer. Zu dem Pager gehoerte allerdings auch eine anrufbare AB-Box, welche mit einem Code abgefragt werden konnte. Diese wuerde haeufiger zur Koordination bei Expeditionen ins ostdeutsche Wasteland benutzt. Als halbwegs vertraeglicher Spagat zwischen Komfort und Paranoia benutzte Klaus Peter spaeter einige Jahre Handys, welche auf andere Personen angemeldet waren. Neben der Schwierigkeit, andere Personen zu finden, die dazu bereit waren, galten auch hier die mehrfach erwaehnte Sicherheitsbedenken und die Hinweise aus einem Buch namens ‘Der kleine Abhoerratgeber’, die beim teilweise ohnehin hartmanniaschen Umfeld Klaus Peter nicht eben zur Steigerung der Technikbegeisterung beitrugen. Es gab verschiedene abgesprochene Schluesselsaetze, die fuer den Notfall auch telefonisch mitgeteilt werden konnten. So konnte der an sich harmlose Satz ‘15.00 Uhr Kaffe und Kuchen im Cafe Alibi’ meinen, dass sich um 15.00 Uhr a ecke o getroffen werde, um bei Rot ueber die Ampel zu gehen. Wenn dort eine Ampel waere. Die Tuecke lag auch hier im Detail, da es natuerlich nicht fuer alle Eventualitaeten einen Satz geben konnte und es schonmal vorkam, dass Klaus Peter irgendwo erschien und etwas ganz anderes erwartet hatte.