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Sport und Freizeit
January 24, 2011
Um die witterungsbedingte Laufpause wenigstens halbwegs zu ueberbruecken und meinen Resturlaub, welcher sich dreistelliger Tagesanzahl naehert, abzubauen, bin ich eine Woche an die Algarve geflogen, um hier ausgedehnter Sportlichkeit zu froehnen. An dieser Stelle ein kleiner Einwurf fuer die spitzfindigen Outlaws unter den Leser_innen, welche sich nun Hoffnung auf mein Anwesen waehrend meiner Abwesenheit machen: Es wird aufmerksam von der kampfsporterfahrenen Nordkiezprinzessin und dem gegenueber Eindringlingen ausgesprochenen uebellaunigen Katze bewacht. Der Flug nach Faro wurde von Berlin Tegel mit einem mehrstuendigen Zwischenstopp in Palma de Mallorca angeboten, was ich aus Preisgruenden in Kauf nahm. In Tegel sorgte ein verwaister Hartschalenkoffer im zollfreien Parfuemshop fuer Aufregung und mehrfache Lautsprecherdurchsagen. Die Bullen, welche aussahen wie Abschnittbevollmaechtigte in den falschen Uniformen, rueckten an, um das gefaehrliche Gepaeckstueck schliesslich mitzunehmen. Bis dahin verging allerdings soviel Zeit mit unkoordiniertem Beratschlagen, dass die Kofferbombe oder das Milzbrandpaecken schon laengst seinen Bestimmungsort erreicht haetten. Unter anderem auch mich beim Biofruehstueck im Terminal C, was natuerlich weniger erfreulich gewesen waere. Ich betrieb in der verbleibenden Zeit ein wenig Feldforschung an den Mitreisenden. Da der Flug nach Palma ging, wurde ich nicht enttaeuscht. Zweidrittel der Sitzplaetze waren mit Klassiker_innen aus dem Umfeld der Schinkenstrasse, meist auch in groesseren Gruppen ueber 5 Personen angerueckt. Was mir immer schon ein grosses Raetsel war und auch hier wieder ausgiebig zelebriert wurde: Warum klatschen diese Leute kurz nach der Landung? Schonmal jemand bei der Einfahrt in den Ubahnhof abfeiern sehen? Oder den Taxifahrer ordentlich beglueckwuenschen, wenn er Dich zuhause absetzt? Ich werde es nie verstehen. In Palma versuchte ich, den fehlenden Nachtschlaf nachzuholen, was durch das ausgesprochen provinzielle Ambiente des Flughafens unterstuetzt wurde. Von den ca. 25 Personen, mit denen ich Sichtkontakt hatte, waren etwa 20 gelangweilte Angestellte des Flughafens oder diverser Imbissstaende. Ich schlief ein wenig auf den Sitzen, bis ich schliesslich von drei Animationskuenstler_innen geweckt wurde, die unmittelbar neben mir einen Stand fuer irgendeine Onlinelotterie aufbauen mussten. Nachdem sie mich mit Spruechen ueber den gestrigen Abend, wo sie sehr betrunken waren und die anwesende Kollegin, welche da aber doch viel mehr sexy aussah als heute ueber nackigmachen, was sie eventuell jetzt machen koennen und Dieter Bohlen, welchen sie dieses Mal noch nicht getroffen haben, endlich geweckt hatten, wurde ich gefragt, ob ich denn nicht auch mitmachen wollte. Im Gegensatz zu anderen Leuten wurde ich allerdings nur einmal gefragt. Ich mags ja nicht so, wenn unvermittelt angesprochen werde. Haben sie schnell verstanden. Der Anschlussflug nach Faro wurde zu einem grossen Teil mit hanseatischen Senor_innen belegt, da kurz vorher ein Flugzeug aus Hamburg eintraf. Diese kannten sich auch alle irgendwie und verteidigten zunaechst ihren Sitzplatz gegenueber einer Mutter, die gern mit ihrem Kind zusammensitzen wollte. Dieser aus ihrer Sicht unverschaemten Bitte der Mutter wurde mit vereinten Kraeften im Chor widersprochen – ‘Wir haben doch aber hier gebucht!’. Ich tauschte mit der Mutter meinen gebuchten Fensterplatz, um 5 min spaeter wieder an diesen zurueckzukehren, da es sich die kleine Familie doch irgendwie anderes ueberlegt hatte. Anschliessend konnte ich einem zwanzigminuetigen Vortrag der Hamburger Senorin auf dem Gangplatz ueber die jungen Muetter von heute und die Kinder, bei denen alles so wichtig waere, lauschen. Ich nehme an, ihr und ihren Gespraechspartnerinnen war das alles zu wichtig und in der Wirtschaftwundergeneration zaehlte ein gebuchter Sitzplatz mehr als ein eventuell veraengstigtes Kind. Ich versuchte, ein wenig weiterzuschlafen. Das hatte zur Folge, dass die Muettervortrag direkt zu einem Vortrag ueber Schlafen im Flugzeug, was natuerlich gar nicht ginge, wurde. Ausserdem war noch irgendein Typ aus dem Umfeld der Damen, welcher dieses Mal aber nicht mitkonnte und verschiedene Hunde der Damen Gespraechsthemen. Fuer grosse Aufregung sorgte der Anflug auf die Landebahn in Faro, welcher offensichtlich aus einer nicht erwartenden Richtung, naemlich vom Meer aus, erfolgte. Konsequenterweise haette die ruestige Rentnertruppe zum Boardkapitaen vorruecken und ihn darauf hinweisen muessen, dass sie die Landung aus der anderen Richtung gebucht hatten. Anschliessend war ich geneigt, auf jeden deutschen Satz zusammenghangslos ‘Halt die Fresse!’ zu antworten. Deutsche im Ausland zu hassen ist eine prima Sache.
Das Hotel in Tavira, in welchem ich bin, ist ausgesprochen gut fuer mein sportliches Programm geeignet. Es liegt etwas ausserhalb und ist, da keine Saison, sehr duenn belegt. Kartoffeldeutsche habe ich auch noch keine gesichtet. Es gibt einen GYM-Bereich und einen 20m-Indoor-Pool, an welchem ich heute der einzige Gast war. Im Fitnessraum war lediglich ein etwas uebergewichtiges Maedchen, welches sehr ausdauernd am Stepper schwitzte. Gerannt bin ich heute auch schon, inklusive einem Stueck Strand und ansonsten mehr oder weniger ueber Sandwege. Das Wetter ist ausgezeichnet zum Laufen, ca. 13 Grad, bedeckt, wenig Wind und heute auch kein Regen. Hier ist eher Fruehling, die Baumbluete hat begonnen.
Rot Sport!
Was waeren wir ohne das Handwerk?
February 17, 2011
Zwei Maenner werden von 4 Jugendlichen in der Grossstadt geschlagen. In China faellt ein Reissack um. Starblog hat Besseres zu tun, als lauthals in den Chor der Betroffenen einzustimmen. Natuerlich kann es gar nicht anders sein, als dass zwei ausgewachsene besoffene Malerprolls von 4 duennhalsigen Heranwachsenden ausschliesslich darum angegriffen werden, um ihrer vielfaeltigen Wertsachen in der Malerhose und Baujacke beraubt zu werden. Wer kennt sie nicht, die wertvollen gueldenen Pinsel und Glaetkellen ? Handwerk hat goldenen Boden. Selbstverstaendlich ist es fuer Mitglieder der deutschen Handwerkerzunft nach Genuss eines gepflegten Feierabendbiers in Lichtenberg so unvorstellbar ungewoehnlich, nichtdeutsche oder gar nichtweisse Fahrgaeste mit froehlichem ‘Sieg Heil’ zu begruessen, dass dies nur eine verabredete Schutzbehauptung der heimtueckischen Schlaeger-Schueler sein kann. Und selbstredend gibt es gar keinen Zusammenhang zwischen den Kameraden der weissen Hose und des braunen Hemdes, welche konsequenterweise am morgigen Freitag zwischen 18.00 und 22.00 Uhr eine Mahnwache am Bahnhof Lichtenberg abhalten wollen.
Sonnabend am Mehringdamm
May 19, 2011
Als mich mein Weg am letzten Sonnabend vom Kotti ueber den Herrmannplatz, Suedstern zum Platz der Luftbruecke fuehrte, sah ich ausser dem Aufstand der Anstaendigen zunaechst mal gar nichts. Die Frau mit dem Kaktus-Neukoelln-Gegen-Nazis-Umhang kreuzte meinen Weg und ich ahnte Schlimmes. Auf dem Mehringdamm standen jeden Menge Bullen und irgendwie war da auch Gegroehle zu hoeren. So richtig vorstellen konnte ich mir bis dahin nicht, dass in Kreuzberg eine Nazidemo stattfinden wird. Neben dem hinteren Ausgang der Ubahn stehend, versuchte ich zu erkennen, um was es sich denn fuer eine Menschenmenge handeln koennte, die dort vorn zwischen den Bullenwannen herumsprang. In diesem Moment kam eine groessere Gruppe Maenner die Ubahntreppe hoch. Einige Sekunden lang hielt ich das fuer Linke, die mit der Ubahn vom Suedstern gekommen waren. An dieser Stelle bemerkt die aufmerksame Leserinnenschaft den notorischen Autofahrer in mir. Die Personengruppe entpuppte sich dann aber doch recht schnell als die Nazidemo. Ich nahm an, dass diese mit der Ubahn geschlossen angerueckt waren. Von dem Umstand, dass diese die Blockade durch den Ubahnhof hindurch umgangen haben wollen, erfuhr ich erst spaeter aus der Presse. Die Nazis waren hastig unterwegs und eher aengstlich. Zumindest die letzten Reihen wirkten panisch. Von nachsetzenden oder gar begleitenden Bullen war nichts zu sehen. Auch wirkte es nicht so, als haette diese Personengruppe vorher irgendeine Sperre durchbrochen. Ich halte es fuer wahrscheinlich, dass es eine Absprache zwischen den Bullen und den Nazis gegeben hat, die Blockade auf diese Art zu umgehen. Wenn es im Vorfeld der Demo ein Abkommen ueber die Geheimhaltung des Demoortes gab, warum sollte es keine Absprachen im Verlauf der Demonstration geben? Die Gruppe der Nazisdemonstranten versuchte, quer ueber den Mehringdamm Richtung Curry36 zu gelangen. Dort stoppten sie kurz und wollten anschliessend ihre Demo beginnen. Hier wurden sie von sehr wenigen Antifaschist_innen aufgehalten und das muss auch der Zeitpunkt gewesen sein, an dem es zu den in der Presse beschriebenen Schlaegen und Tritten gegen diese kam. Das konnte ich aber nicht erkennen, da ich mich zu diesem Zeitpunkt kurz hinter den Nazidemonstranten befand. Den Wenigen, die sich an dieser Stelle der Nazidemo in den Weg stellten, gehoert meine uneingeschraenkte Hochachtung und groesster Respekt. Diese Handvoll Leute hat die Nazidemo am Sonnabend verhindert. Nun rueckten auch die Bullen nach und ein Grossteil der Demonstranten, welcher die Nazis innerhalb kurzer Zeit einkesselte. DIe Bullen waren fleissig damit beschaeftigt, Antifaschist_innen am Protest zu hindern, zu schlagen oder gar zu verhaften. Der Frust, die Naziprovokation letzendlich doch nicht durchsetzen zu koennen, war einigen Ordnungshuetern regelrecht anzusehen. Innerhalb der Umzingelung und geschuetzt von ihren gruenen oder neuerdings blauen Freunden hatten die Nazischweine die uebliche grosse Fresse, die hin und wieder durch einen gerechten Wurf unterbrochen wurde. Allerdings waren die Angriffe doch viel zu spaerlich, da ein grosser Teil der Gegendemonstranten eher aus zivilgesellschaftlichem Engagement handelte. Die Empoerung ueber die Provokation wirkte aber doch sehr ehrlich und wurde auch so lautstark artikuliert, dass die Staatsmacht irgendwann beschloss, dem Auflauf ein Ende zu machen und ihre Schuetzlinge in die Ubahn zu verfrachten. Einen persoenlich etwas unangenehmen Beigeschmack hatte der Sonnabend am Mehringdamm fuer einen Freund von mir, dem ich hier vielleicht ein wenig helfen moechte. Er war in eine Auseinandersetzung mit der Exekutive verwickelt und kam nicht dazu, sein Fahrrad ordnungsgemaess anzuschliessen. Irgendjemand muss dann beschlossen haben, dass es ok ist, einem Antifaschisten in dieser Situation den fahrbaren Untersatz zu klauen. Das soll jetzt kein moralisierender Absatz werden, wie schlimm es doch ist, Bikes abzuziehen. Das ist natuerlich grundsaetzlich ueberhaupt nicht schlimm. Wer allerdings einem Gegendemonstranten bei einer Nazidemo das Bike stiehlt, als dieser gerade nicht auf dieses aufpassen kann, weil die Bullen mit ihm rangeln muessen, nunja – dieser asoziale Dieb muss jetzt auch nicht denken, dass er sich dafuer auf die Schulter klopfen kann und ein ganz grosses Ding gedreht hat.
Bei dem Rad handelt es sich um ein Fixie Schwinn Cutter, weisser Rahmen. Dieses ganze blaue Zeug ist ab. Es ist ein dunkler Sattel drauf und die Pedalen sind jetzt Alu-Pedalen ohne Rennkorb. Ausserdem ist die Bremse vorne neu, da ist jetzt eine Campagnolo-Bremse dran. Das Rad an sich sieht oberflaechlich betrachtet wohl teurer aus, als es ist. Der Rahmen ist 58er Rahmenhoehe, also eher etwas fuer groessere Leute. Wer also sowas angeboten bekommt oder jemand in der Szenekneipe mit so einem Rad vorfaehrt, was er vor dem Sonnabend noch nicht hatte, lohnt es sich sicher mal zu fragen, ob der denn beim naechsten mal nicht lieber Nazischweine beklauen moechte.
26.2
November 18, 2011
Die Urspruenge des modernen Marathonlaufs gehen auf die Legende zurueck, nach der ein Athener nach der Schlacht gegen die Perser bei Marathon nach Athen gelaufen sei und dort mit den Worten ‘Wir haben gesiegt’ tot zusammenbrach. Die Geschichte ist bis auf den Sieg der Athener frei erfunden, die Laenge des Weges, den der Bote zuruecklegen musste, lag auch nur bei ca. 34km. Bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen 1896 wurde der Marathonlauf ueber eine Distanz von 40km ausgetragen, da dieser an der Strasse am Meer entlang fuehrte. Die heutige Streckenlaenge von 42,195km ist der Eitelkeit des englischen Koenigshauses geschuldet, welches den Lauf bei der Olympiade 1908 am Schloss Windsor entlang fuehren liess und darum die Verlaengerung benoetigte. Waehrend fuer Hobbysportler wie mich gemeinhin die 4:00h als Schallgrenze fuer die Absolvierung des Laufs gelten, liegt der aktuelle Weltrekord der Maenner bei 2:03. Soweit die Vorgeschichte zur Geschichte.
Seit geraumer Zeit laufe ich und habe in den letzten 4 Jahren an ca. 15 Halbmarathons und mehreren 25km-Wettkaempfen teilgenommen. Mein Trainingspensum war allerdings eher mittelmaessig und so waren auch die Ergebnisse nicht wirklich ueberragend. Nachdem ich im letzten Jahr schon mit dem Gedanken gespielt hatte, beim Marathon in Warschau mitzulaufen, musste es dieses Jahr sein. Wir werden ja alle nicht juenger. Ich zog ab Anfang des Jahres die Trainingsfrequenz an. Ich bin im Januar nach Portugal gefahren, um zu laufen und habe ab ca. Ende Mai einen strengen Trainingsplan absolviert. Ich bin mindestens 4 Mal die Woche gelaufen und zusaetzlich laengere Strecken mit dem Rennrad gefahren und geschwommen. Parallel habe ich mich ausgesprochen ausgewogen ernaehrt und keinen Alkohol getrunken, dem ich vorher eher zugeneigt war. Meine Zeiten wurden mit zunehmender Trainingsdauer deutlich besser, bei meinen letzten Halbmarathon im September war ich 20 Minuten schneller als im Maerz beim Vattenfall Halbmarathon. Allerdings war der Maerzlauf einer meiner schlechteren Laeufe, was den Trainingsschub aber nicht mindern soll. Ich tracke meine Trainingseinheiten mit einer GPS-Anwendung und habe mir dort auch ein Programm erstellen lassen, welches auf eine Marathonzeit von 3:45h abzielt. Das hielt ich allerdings fuer zu ambitioniert. Ein hochgestecktes Ziel motiviert mich aber eher. Das Trainingskonzept steigert die Laufdistanz in Wochenendlaeufe bis auf 33km 3 Wochen vorm Marathontermin und versucht, durch verschiedene Intervalllaeufe in der Woche, Tempohaerte zu erzielen. Im Gegensatz zu den uebrigen virtuellen Teilnehmer_innen war ich ein fast vorbildlicher Absolvent und habe bis auf wenige Ausnahmen fast alle Einheiten absolviert. Hin und wieder geriet der Trainingsplan in Konflikte mit Radtouren, die ich am Wochenende ebenfalls fahren wollte.
Es gab mehrere Ungewissheiten fuer meine Teilnahme am Athens Classic Marathon. Ich machte mir im Vorfeld vor allem Sorgen wegen des Wetters, welches in Griechenland auch im November durchaus noch zu warm zum laufen sein kann. Ausserdem ist die Strecke recht anspruchsvoll, da es bis zu km 31 fast ausschliesslich und teilweise erheblich bergauf geht. Und natuerlich die Geschichten vom sprichwoertlichen Holzhammer, der bei Kilometer 35 kommen soll und bei dem meditative Faehigkeiten verlangt werden, um weiterlaufen zu koennen. Um es vorwegzunehmen: Der Hammer kam nicht. Ich habe zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise daran gedacht, den Lauf abzubrechen und bin teilweise euphorisiert gelaufen. Die letzten 10 Km waren meine Schnellsten der Gesamtstrecke. Das Wetter war so ungewoehnlich kalt, dass ich beim Start so fror und einen Krampf im Kiefer bekam. Hoert sich albern an, ist aber unangenehm. Es ging fast allen startenden ca. 8500 Laeufer_innen aehnlich, von denen spaeter 6700 ins Ziel kommen sollten. Aus nicht nachvollziehbaren Gruenden war ich im letzten Startblock eingeteilt, was Zufall sein kann, da ich auch keine Logik bei den anderen Leuten im Block erkennen konnte. Es wurde in Intervallen in 7 Bloecken im Abstand von je 4 Minuten gestarted. Ich stand weit hinten und war einer der letzten, die in Marathon losliefen. Dementsprechend war meine erste Minute sehr schlecht. Vorher hatte ich mir verschiedene Taktiken zurechtgelegt. Die sichere waere, sehr langsam zu beginnen und dann mittelmaessig durchzulaufen, um das Ziel zu erreichen. Die riskantere war, von Anfang an auf eine Kilometerzeit von <=5 Minuten zu laufen und die Gefahr in Kauf zu nehmen, spaeter etwas langsamer zu werden und bergab auf Tempo zu setzen. Ich entschied mich fuer Risiko. Vorher hatte ich mir die Zeiten ausgerechnet, die ich fuer die angestrebten 3:45h gebraucht haette und mich mangels Excelfaehigkeiten verrechnet. So ging ich irrtuemlich von 5:05 Min/Km aus, die ich fuer diese Zeit gebraucht haette. Ich tracke den Lauf per GPS und weiss, wie meine aktuelle Zeit und der KM-Durchschnitt ist. Die ersten Kilometer sind bei dieser Art Laeufen immer etwas anstrengend, da hier noch alle zusammen laufen und sich gleiches Tempo erst finden muss. Viele der Laeufer_innen warfen Bekleidungsstuecke an den Strassenrand, da sie beim Start nicht so frieren wollten wie ich und diese nicht abgegeben hatten. Offensichtliche Haendlergruppen warteten bereits und bergeweise Sportbekleidung wechselte die Besitzer. Der Lauf selbst ist ausgesprochen gut und wuerdig organisiert. Es gibt alle 2.5km Getraenke und in regelmaessigen Abstaenden Verpflegung, Erfrischungsschwaemme und sonstige Aufmerksamkeiten. Freundliches Publikum steht am Rand und ich fuehlte mich angefeuert, ganz im Gegensatz zu Laeufen hierzulande, wo mich das Kartoffelpublikum eher nervt. Ich hatte mir in meiner Phantasie allerdings auch eine kleine KKE-Organisation mit Fahnen manifestierend am Wegesrand ausgemalt, denen ich die Faust zum Grusse schwenken und ein paar froehliche Parolen zurufen haette koennen. Das wurde aber leider nicht erfuellt. Die Strecke selbst ist eher unattraktiv. Waehrend es am Anfang eher landstrassenartig durchs Gebuesch geht, kommen mit zunehmender Naehe zu Athen Baumaerkte und Einkaufszentren ins Panorama. Vom Meer oder gar spektakulaeren Bauten ist nichts zu sehen, der historische Bezug leidet etwas darunter. Ich setzte auf Eigenverpflegung und hatte mir zwei gute dm-Riegel und 2 Gelpacks mitgenommen und auch fast aufgegessen. Zweimal habe ich mir Wasser reichen lassen und zweimal ein Isotonisches Getraenk. Auch mein taktischer Plan ging auf. Meine Halbmarathon-Zeit war unter 1:50h, was mich optimistisch Richtung 3:45 h blicken liess. Zugegebenermassen habe ich bis dahin mit dem Gedanken gespielt, auch eine Zeit unter 4:00 h als Erfolg zu akzeptieren. Irgendwann wurde mir dann allerdings klar, dass ich mich beim Zeitplan zu meinen Gunsten verrechnet hatte, was mich zusaetzlich motivierte. Als bei KM 32 der Zenit der Streckenhoehe ueberschritten war, konnte ich auch das Tempo anziehen. Bei KM 37 schliesslich warf ich meinen Nummerngurt, den ich zum Verstauen der Riegel und Gels benutzt hatte, plakativ an den Strassenrand, um durch die Befreiung von diesem unglaublichen Ballast das Tempo noch einmal erhoehen zu koennen. Diese letzten Kilometer nahm ich gar nicht mehr richtig war. Der Einlauf ins Panathinaikon Stadion war triumphal. Ich hatte mich durch fast alle Startbloecke nach vorn gelaufen und liess mich zu einem emotionalen Ausbruch bei Uberqueren der Ziellinie, Erheben der Faust gen Himmel, was normalerweise nicht zu meinem Repertoire gehoert. Meine Zeit liegt unter 3:40h. Waehrend ich waehrend des Laufes mir relativ fit vorkam und einbilde, dass ich noch 10 km weiter haette laufen koennen, spuerte ich nun sehr starke Erschoepfung. Ausserdem bemerkte ich erst jetzt, dass ich einen Fuss blutig gelaufen und meinen Schuh verfaerbt hatte. Zwei Zehennaegel sind inzwischen blau und es besteht die Moeglichkeit, dass sie sich abloesen. Bis Mittwoch hatte ich Muskelkater, langsam verspuere ich allerdings wieder den Wunsch nach koeperlicher Betaetigung. Nach so langer Trainingsvorbereitung ist es fuer mich mental zumindest seltsam, das Ziel erreicht und damit auch den Druck abgeworfen zu haben. Mein naechstes sportliches Ziel ist der Tristar 111 Triathlon in Berlin im Juli.