starblog

Mit der Mauer fielen auch unsere Stars

Wo Deutschland am schoensten ist

December 18, 2007

Immer wenn Du denkst, es geht nicht schlimmer, kommt Dein starblog und belehrt Dich eines Besseren. Du brauchst jetzt sehr starke Nerven! Den Eckpunkt des ostzonalen Jammerkollektivs bildet die Erinnerung an die gute alte Zeit, wo jede/r eine Arbeit hatte, gemeinsam der Vorgartensubbotnik und der Gang zur Wahl der Kandidaten der Nationalen Front zelebriert wurde, die Hausgemeinschaftsleitung zur gemeinsamen Sekundaerrohstoffsammlung aufrief und die ‘Goldene Hausnummer’ das hoechste Glueck im Arbeiter- und Bauernstaat bedeutete. Den mehr oder weniger siegreichen Weg zum Sozialismus garnierten unzaehlige Unterhaltungskuenstler mit ihrem Darstellungen, so auch Thomas Lueck und Andreas Holm. Die DDR ging bekanntlich unter, mit ihr leider nicht alle ihre Scheusslichkeiten und Verbrechen am menschlichen Geschmacksempfinden. Wer meint, in der DDR haette es keine Folter gegeben, dem sei das Betrachten einer Folge der als solches bezeichneten Unterhaltungsendung ‘Ein Kessel Buntes’ aus den 1980er Jahren empfohlen. Heute findet man das Duo, welches sich erst nach der politischen Wende zusammenfand, vermutlich weil sich geteiltes Leid automatisch halbiert, bei gefeierten Auftritten beim ‘Friedrichsfelder Gartenlauf’, dem ‘Herbstmarkt in Laage’, bei der Arbeiterklasse in Bischofswerda zum 1. Mai oder bei der Eroeffnung eines Einkaufszentrums in Grosspoesna.

Zuverlaessig gefeiert auch vom Fanclub Thomas Lueck & Andreas Holm, welcher sich in realistischer Selbsteinschaetzung, allerdings in untypischer Verwendung von Anglizismen des ehemaligen Klassenfeinds, ‘Das Dreamteam‘ nennt. Von den 79 Mitgliedern sind immerhin 30 aus Sachsen, so dass die Verstaendigung untereinander kein Problem sein duerfte. Ob die 4 minderjaehrigen Mitglieder freiwillig im Verein sind oder eher einen Fall fuers Jugendamt darstellen, entzieht sich der Recherche. Angefuehrt wird der Verein von Kichererbse, Schwalmnudel und Kullerkeks, welchen Geschmack und Stilsicherheit foermlich in die ostdeutsche Wiege gelegt worden sein muss. Starblog wuenscht dem Verein weiterhin alles erdenklich Gute und schliesst mit Genossen Honecker : ‘ Den Sozialismus in seinem Lauf haelt weder Ochs noch Esel auf!’. Vorwaerts nimmer – rueckwarts immer!

Mit der Mauer fielen auch unsere Stars!

December 16, 2007

Nina Hagen, die heute als schrille und, freundlich zu ihren Gunsten ausgedrueckt, etwas abgedrehte Punkqueen gehandelt wird, begann ihre Weltkarriere bekanntermassen als sozialistische Unterhaltungskuenstlerin in der DDR. In einer Kapelle ‘Fritzens Dampferband’ spielte sie grossartige Spitzenhits wie ‘Wir tanzen Tango und moeglichst lango’ oder ‘Du hast den Farbfilm vergessen’. Darin ging es um Fotos in Schwarzweiss vom letzten Ostseeurlaub, fotografiert von einem gewissen Michael. Viel mehr waere ja in der Ostzone ohnehin nicht moeglich gewesen. Ebenfalls mit von der Partie war uebrigens die immer noch beliebte MDR-Ulknudel Achim Mentzel. Und Nina Hagen war zu jener Zeit mit dem bekannten DDR-Schlagerinterpreten Thomas Lueck leiirt, von dessen Fanseite (oder besser: von einer der zahlreichen) das Zitat stammt ‘Mit der Mauer fielen auch unsere Stars’. Da fragst sicher nicht nur Du Dich, geneigte/r LeserIn: Warum denn nur? Weitere Fragen, die sich foermlich aufdraengen: Wenn schon gefallen, warum nicht direkt liegen geblieben? Waere es fuer Nina Hagen und die Menschheit unter Umstaenden vorteilhafter gewesen, wenn die Kuenstlerin auch ihren restlichen Lebensweg an der Seite von Achim Mentzel Richtung Mitteldeutscher Rundfunk beschritten haette?

Mit der Mauer fielen auch unsere Stars!(2)

November 22, 2009

Dean Reed siedelte 1973 von den USA in die DDR um und wurde dort mit entsprechend grossem Tamtam begruesst.

Seine Karriere in der westlichen Hemisphaere war allerdings bereits auf einem deutlich absteigenden Ast.

Der 1938 geborene Saenger war in den 1960er Jahren in Lateinamerika bekannter als Elvis Presley und hatte dementsprechend viele Fans. In der Folgezeit trat er nicht nur in die SED ein, lebte in Schmoeckwitz bei Berlin und sorgte durch seinen von der ostzonale Norm abweichenden Lebenswandel fuer zahlreiche Geruechte im kleinbuergerlichen DDR-Mief, vor allem um die Themen 'besoffen Auto fahren' und 'mit vielen Frauen Beischlaf haben', sondern wirkte vor allem an ca. 20 DEFA-Produktionen mit, von denen viele den guten Geschmack des Filmpublikums leider einfach nur beleidigt haben duerften.

1978 schreibt Reed das Drehbuch zu einem Film, in welchem der Kampf 12jaehriger Kindersoldaten auf Seiten der PLO eine zentrale Rolle einnehmen. Dieses wird von der DDR-Fuehrung wegen einseitiger Darstellung aus taktischen Gruenden zensiert und der Film niemals produziert. Den Tiefpunkt der schauspielerischen Betaetigung duerfte allerdings die 1981 produzierte Western-Parodie 'Sing, Cowboy, Sing' darstellen, welcher selbst bei den nicht besonders verwoehnten DDR-Kinobesucher_innen durchfiel und nach wenigen Wochen aus dem Programm genommen wurde.

Dean Reed spielt dabei im Duett mit Václav Neckář einen Cowboy auf unterstem Niveau fuer Freund_innen der ganz seichten Unterhaltung. Zu dieser Zeit geraet der informelle Mitarbeiter der Staatssicherheit Dean Reed selbst in Visier der Stasi und geht auf Distanz zur DDR-Obrigkeit. Er bezeichnet die DDR gegenueber einem Volkspolizisten als 'faschistischen Staat', was einer ungeheuerlichen Blasphemie gleichkam und fuer die jeder andere, der nicht zufaellig ein bekannter ruebergemachte Star war, ohne Zweifel in Knast gelandet waere.

Seine Karriere steht unter keinem guten Stern, oeffentliche Auftritte gibt es in den 1980er Jahren kaum noch. 1986 wird er tot im Zeuthener See gefunden, die offizielle Version eines tragischen Ungluecksfalls sorgt fuer Geruechte.

Im von der DDR bis 1990 unter Verschluss gehaltenen Abschiedsbrief gibt Reed die Eifersucht seiner Frau als Grund fuer den Suizid an. Im Rueckblick wirken die Umstaende seines Todes tragisch.

Den ersten Teil der unregelmaessigen Fortsetzungsreihe ueber die Stars der DDR-Unterhaltung gibts hier .

Mit der Mauer fielen auch unsere Stars (3)

January 9, 2012

Der meistgespielte DDR-Schlager stammte vom Duo Monika Hauff und Klaus-Dieter Henkler und hiess „Das war ein Meisterschuss“. Im sehr einfach gehaltenen Text wird die Geschichte eines Jaegers erzaehlt, welcher zunaechst einen Hirsch verfehlte und das Wildschwein traf. Mit diesem Jagdglueck beeindruckte er die ueppige Wirtin des Gasthauses so sehr, dass er ihr Herz ebenfalls nicht verfehlte und sie anschliessend immer runder wurde. Meisterschuesse ohne Ende. Auch wenn in der Realitaet die Gasthausdichte eher duenn und das Jagen im volkseigenen Forst unueblich unterhalb der Parteifunktionaers-Ebene war, zeigte sich das Kulturland DDR von seiner besten Seite.

Weitere beliebte Hits des Berliner Duos waren „Auf die Baeume, Ihr Affen, der Wald wird gefegt“ und „Keine Bange, wir holen eine Zange“. Alles Titel, zu denen der Buerger der DDR in seiner reichlichen Freizeit ausgeprochen gern schunkelte. Aeltere Leser_innen erinnern sich vermutlich mit gemischten Gefuehlen an die zahlreichen Auftritten im „Kessel Buntes“ oder in der Weihnachtssendung „Zwischen Fruehstueck und Gaensebraten“. Im Gegensatz zu vielen anderen ehemaligen sozialistischen Vorzeigekuenstlern sind Hauff & Henkler auch etwas weniger gefallen und fristen ihr jetziges Dasein nicht mehr ausschliesslich aus Auftritten in Moebelhaeusern oder bei der Linkspartei. Buehnengroessen von 4x3m sind bei ihren Auftritten ebenso selbstverständlich wie eine abschliessbare Garderobe Voraussetzung. Nach dem Ende der DDR und der Sicherheit, auch mit maessigen Darbietungen in der kulturellen Oednis ein sicheres Auskommen zu haben, schwenkte das Paar, welches uebrigens Wert darauf legt, dass ihre Beziehung eine rein Geschaeftliche ist, und erweiterte sein Repertoire in Richtung Volksmusik und Country.

Auch nach 40 Jahren gemeinsamer Auftritte sind Hauff und Henkler ein Garant fuer Spitzenstimmung!