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Wo es hoch geht, gehts auch wieder runter

January 17, 2012

Fuer aufmerksame Leser_innen des starblogs ist es sicher keine Ueberraschung, dass mein diesjaehriges Januar-Trainingslager im presozialistischen Griechenland stattfindet. Allerdings nicht auf dem Festland, sondern auf der wuerdigsten aller Mittelmeerinseln Kreta. Da Kreta etwas bergig ist und mein Trainingsplan nicht nur im Zeichen des Laufens, sondern auch des Radfahrens steht, gibt es wohl kaum einen geeigneteren Ort, der erreichbar und erschwinglich ist. Allerdings hatte ich etwas Pech mit dem Wetter, die letzten beiden Tage hatte es geregnet, so dass ich zwar rennen, aber nicht radfahren konnte. Heute jedoch bestes Fahrwetter fuer eine erste Bergtour. Kundige Leser_innen haben sich sicher schon bei meiner eingangs gemachten Beschreibung „etwas bergig“ gewundert. Ich hatte mich wie immer vorab zu wenig informiert. Die Berge auf Kreta sind deutlich ueber 1000m hoch, teilweise auch ueber 2000m. Heute bin ich bis etwas ueber 700m gefahren, was nicht nur daran lag, dass die Strassen ueblicherweise nicht ueber den Bergipfel, sondern an diesem vorbei fuehren. Fuer mich als Flachlandfahrer ist das aber sicher auch besser so. Meine Befuerchtungen, der griechische Strassenverkehr waere nicht geeignet zum Radfahren, haben sich uebrigens nicht bestaetigt. Anders als im Kartoffelland wird der Radfahrer und auch der Strassenlaeufer durch Autofahrer nicht bedraengt oder beschimpft. Gehupt wird allenfalls als freundlich gemeinter Gruß, ansonsten wird gewartet, bis der Sportler kein Hindernis mehr darstellt. Wenn Du schonmal mit der Metro in Athen gefahren sein solltest, bist Du sicher ebenso verwundert wie ich es anfaenglich war. Rennraeder sind hier auch, zumindest in der groesseren Stadt Khania, wo ich bin, auch nicht so ungewoehnlich. Im Gebirge allerdings wirkte ich schon sehr exotisch, dort gibt es auch kaum noch konkurrienden Autoverkehr.

Was los hier?

May 3, 2012

Ein wenig ruhig war es in den letzten Wochen hier. Die Ausrede ist folgende (kurze Version): Das grossspurig bebilderte Colnago-Projekt war Arbeit, Zeit, Geld und vor allem diese Blogbeitraege weiter unten nicht wert. Die erste Testfahrt mit dem nobel wirkenden Gefaehrt und bei Kilometer 55 auf der Zielgeraden brach die Carbon-Gabel und befoerderte den stolzen Rennfahrer und Autor des Blogs in eine Art Parallelgesellschaft des Helios Klinikum Buch. Dementsprechend ereignislos waren die darauffolgenden Tagen und Wochen. Zwei Lehren moechte ich Dir dringend ans Herz legen: Kaufe keine gebrauchten Carbonteile bei ebay, auch wenn der Verkaeufer schwoert, dass sie neu sind. Fahre nur mit Helm. Ich bin ausgesprochen froh, einen aufgehabt zu haben

Wo, wo, wo wart ihr 92?

August 25, 2012

Diese heute immer wieder aus den geschätzten 6-8Tausend Demokehlen zur Einwohnerschaft des ethnisch gesaeuberten Lichtenhagen gestellte Frage blieb unbeantwortet. Natuerlich koennen wir diese Frage auch mal an die altersentsprechenden Demoteilnehmer_innen stellen. Erinnern wir uns, dass sich der antifaschistische Widerstand anlaesslich der vor 20 Jahren stattgefundenen Pogrome nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Wo er so 1992 war, beantwortete ein als Zeitzeuge fungierender Herr aus Kiel bei der Zwischenkundgebung vor dem Sonnenblumenhaus. Der Herr hatte damals bereits 10 Jahre Erfahrung im militanten Kampf in diversen westdeutschen Kaeffern, auf die er auch sichtlich stolz war und sie mehrfach erwähnte. Angesichts der Uebermacht des rassistischen Mobs, denen er sich mit 50 Gleichgesinnten 1992 in den Weg stellen wollte, war er zu der Einsicht gelangt, dass Militanz nichts mehr bringt. Hatte bis dahin auch nichts gebracht. 10 Jahre des schönen Autonomen-Daseins verschenkt! Die Lehre, die er wieder mit in die alten Bundeslaender nahm und die scheinbar auch ein Wendepunkt in seinem Leben war, bestand darin, lieber auf die Bevoelkerung zuzugehen und ihnen nicht den Knueppel auf die deutsche Weichbirne zu hauen, sondern es mit Bildung, Aufklaerung und Buendnissen zu versuchen. Also eben jenen, die da eben vor seinen Augen versucht hatten, Menschen aus niedersten rassistischen Motiven anzuzuenden, die Hand des guten Willens entgegenzustrecken. Kuesst die Faschisten, wo ihr sie trefft! Unter welchem Einfluss man Angesichts der Lage Anfang der Neunziger zu dieser wirklich verrueckten Erkenntnis gekommen war, sei mal dahingestellt. Meine persoenliche Lektion, und sicher hat mich Lichtenhagen auch etwas gepraegt, war ein Bruch mit dieser Mehrheitsgesellschaft und ein diffuses Antideutschtum. Mehr statt weniger antifaschistische Intervention,Militanz und koerperlicher Zuechtigung der Rassisten haette damals die Pogrome ohne jeden Zweifel stoppen koennen. Der nachtraegliche Ruf nach der Polizei bzw. nach dem angeblichen Versagen dieser entbehrt auch und gerade mit den Kenntnissen und Erfahrungen von 20 Jahren spaeter jeder Grundlage. Doch zurueck zur Lichtenhagener Einwohner_innenschaft heute. Wenn es ein Zeitloch in die Vergangenheit gibt, dann haben sie es gefunden. Fassaden, Klamotten, Frisuren und Gedanken haben sich in die Jetztzeit mit nur unwesentlichen Modifikationen gerettet. Die Biermarke hats wohl nicht geschafft, es wurde Westbilligbier in grossen Mengen gezeigt. Hunderte Harald Ewerts schienen richtig froh darüber zu sein, dass in ihrem Kacknest mal wieder was los ist. Hin und wieder gewann der Alkohol Macht ueber sie und im Uebermut wurde gepoepelt, der Finger oder das Nazishirt gezeigt und viel zu selten gabs dafuer aus der Demo eine kleine Bestrafung. Ein Herr jenseits der Fuenfzig fiel am Imbisstisch fast um, da er eine Hand von diesem nehmen musste, um den deutschen Gruß zu zeigen. Die meisten Antifa-Jungs schienen die Handschuhe in der Gesaesstasche ohnehin nur dazu mitgebracht zu haben, damit sie sich beim Apfelpluecken im Anschluss an die Demo die Haende nicht schmutzig machen. Ansonsten wirkte die Demo mit ihren fortwaehrenden moralischen Apellen an die Bevoelkerung wie ein Fremdkoerper im Plattenbau-Feindesland. Man moechte sich gar nicht ausmalen, was mit einem Fluechtlingsheim im Sonnenblumenhaus im Jahr 2012 passieren wuerde. Nichts hat sich geaendert!